Gestaltung: Robin Vehrs

23.06.2023 – 15.07.2023

So etwas wie Gesundheit gibt es nicht

Wir alle sind Bewohner:innen des „Königreiches der Kranken“, das Susan Sontag in Krankheit als Metapher beschreibt. Wir alle waren, sind oder werden irgendwann krank sein. Gesundheit ist eine Fiktion – im Kapitalismus ist sie eine Metapher dafür arbeitsfähig zu sein. Der Heilungsimperativ, der den gesellschaftlichen Umgang mit unseren Körpern bestimmt, lässt keinen Platz für die chronisch Kranken, Unheilbaren und Behinderten. Und er lässt uns im Moment der Erkrankung einer weiteren Fiktion nachtrauern: unserer Unabhängigkeit.

Statt an dieser Vorstellung festzuhalten, sollten wir uns fragen: Was bedeutet es mit Schmerz, Trauma und Trauer zu leben? Mit Depression umzugehen, sich außerhalb normativer Vorstellungen von Zeitlichkeit in Crip Time zu bewegen? Und welches Vokabular, welche Sprache können wir erfinden, um diese Erfahrungen miteinander zu teilen? 

Im Rahmen von So etwas wie Gesundheit gibt es nicht stellen Künstler:innen mit und ohne Psychiatrieerfahrung gemeinsam in der Galerie des Durchblick Vereins Leipzig aus. Der Titel spielt an auf ein Zitat der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher, die behauptete „There is no such thing as society“ – so etwas wie eine Gesellschaft gibt es nicht – und damit ihre neoliberale Politik der Privatisierung und Kürzung von Sozialleistungen begründete. Die Ausstellung kehrt diese These um: Ausgehend von Krankheit als einer gesellschaftlichen Angelegenheit fordert sie, sich vom Ideal der Gesundheit zu verabschieden, um sich stattdessen den unterschiedlichen Lebensrealitäten von Trauma, Erkrankung und Behinderung zuzuwenden.

Die Ausstellenden setzen sich künstlerisch mit Erfahrungen auseinander, die in einem Konflikt mit den gesellschaftlich herrschenden Leistungserwartungen stehen. Dabei widmen sie sich schwerwiegenden Themen wie Schmerz, Suizid und Diskriminierung. Sie entwerfen aber auch Utopien für ein anderes Zusammenleben in ihren eigenen visuellen, materiellen und akustischen Sprachen.

Der Durchblick e.V. in Leipzig ist eine Initiative der Hilfe zur Selbsthilfe für Menschen mit Psychiatrieerfahrung. Der Verein hat seine Wurzeln in der Bürger:innenbewegung der DDR und entstand aus einer Kritik an der Psychiatrie als Institution. Er versteht sich als Interessenvertretung von Betroffenen gegenüber der Politik und setzt sich seit über 30 Jahren für Alternativen zur Psychiatrie ein. Der Durchblick e.V. unterstützt Betroffene mit unterschiedlichen Beratungsangeboten, Aktivitäten, Mahlzeiten und Wohnmöglichkeiten. Teil des Angebotes sind die Kunstgruppe und die künstlerischen Werkstätten im Haus. In der durch blick galerie finden regelmäßig Ausstellungen statt.

Informationen zur Barrierefreiheit:
Der Vordereingang des Vereinshauses ist nicht barrierefrei zugänglich. Alternativeingang über Gartenweg zur Terrasse. Steigung des Gartenweges: 5% dann 3 Stufen je 17 cm hoch, Türbreite: 74 cm. WC: Türbreite 94 cm, Platz links neben dem WC: 25 cm, rechts: 12 cm, davor: 146 x 112 cm, Stützgriff links klappbar. Assistenz beim Gebäudezugang möglich, idealerweise nach telefonischer Rücksprache unter 0341 / 1406140.

Mit Arbeiten von Johanna Blank, Sophie Hoyle, Michael Pleißner, Anne-Katrin Störmer, Abuzze von Schandel, Cat Woywod
Konzept und Kuration: Lisa Dreykluft

Eröffnung: Freitag, 23. Juni 2023, 18 Uhr
Laufzeit: 24.06.–15.07.2023
Öffnungszeiten: Montag–Freitag 14-22 Uhr, Samstag 13–18 Uhr

durch blick galerie
Durchblick e.V.
Mainzer Str. 7
04109 Leipzig




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