Kuratorin Lizzy Ellbrück: „Die Examensausstellung ist ein Prozess“
Lizzy Ellbrück kuratiert die diesjährige Examensausstellung der Kunsthochschule Kassel (KhK), die vom 10. bis 17. Dezember in der documenta-Halle in Kassel zu sehen ist.
Die documenta-Halle, der Schauplatz der Examensausstellung 2025, ist bekannt für ihre besondere Architektur. Mit ihrer postmodern-konstruktivistischen Formensprache beeindruckt das Gebäude auch die Kuratorin: „Die Halle bringt eine eigene Sprache und Strenge mit. Ihre Transparenz fordert Präsenz; die Weite, Höhe sowie die Sichtachsen bieten große Freiheiten, verlangen aber zugleich eine präzise Setzung, damit die Arbeiten nicht verloren gehen. Für eine Ausstellung mit rund 65 Absolvent:innen bedeutet das, sehr genau über Nachbarschaften, Dichte und Ruhe nachzudenken“, erklärt Ellbrück.
Seit Sommer 2025 arbeitet das Examensteam intensiv an der Realisierung der Ausstellung. In verschiedenen Arbeitsgruppen – Koordination, Kuration, Vermittlung, Grafik und Catering – übernimmt das Team spezifische Aufgaben. Besonders wichtig war für Lizzy Ellbrück die Phase des Kennenlernens, um die Arbeiten der Absolvent:innen besser zu verstehen. Gleichzeitig mussten Strukturen geschaffen werden, die eine produktive Zusammenarbeit des heterogenen Teams ermöglichten: „Wir mussten eine konzeptionelle Rahmung finden, die uns Orientierung als Team bietet, gleichzeitig aber auch Raum für unterschiedliche Perspektiven und Gestaltungsansätze lässt“, betont die Kuratorin.
Die Künstlerin entwickelt in Zusammenarbeit mit Johanna Schäfer – Designerin, Editorin und künstlerische Mitarbeiterin an der KhK – ein Ausstellungskonzept, das sich als Maquette versteht: „Als Probe, Modell, Bühne und Aufführung, die zugleich offen und vorläufig bleibt. Es geht um die Gleichzeitigkeit von Abschluss und Anfang – ein temporäres Ensemble, das zeigt, was war und was kommen könnte“, so Ellbrück.
Das Spektrum der ausgestellten Projekte ist herausfordernd – gerade darin liegt eine Stärke der Examensausstellung. Wie dieses Spannungsfeld kuratorisch berücksichtigt wird, erklärt die Ausstellungsgestalterin: „Die Herausforderung besteht darin, eine Struktur zu entwickeln, die die Vielfalt sichtbar hält und nicht in eine Vereinheitlichung überführt. Dabei geht es darum, sensibel mit Maßstäben, Medien und Intensitäten umzugehen und Räume zu erproben, in denen Resonanzen, Reibungen und Dialoge entstehen können.“
In ihrer Praxis bewegt sich die Künstlerin und Kuratorin an den Schnittstellen unterschiedlicher Disziplinen und wandelt zwischen räumlichen, visuellen, textlichen und konzeptionellen Dimensionen. „Ich setze mich kritisch mit dem Akt des Machens, der Geste des Zeigens und der Politik des Blicks auseinander. Meine kuratorische Praxis artikuliert sich in kollaborativen Allianzen, räumlichen Gefügen, Choreografien und Worten. Sie definiert sich über mein Repertoire an Methoden und Strategien – sowie über meine Faszination für das Potenzial des In-Beziehung-Setzens“, so Ellbrück.
Für die Examen wünscht sich die Kuratorin, dass sie als offene Plattform verstanden wird: „Nicht nur als Abschluss oder Ausstellung, sondern als Prozess. Sie soll die Vielfalt der künstlerisch-gestalterischen Positionen sichtbar machen und gleichzeitig Verbindungen zwischen den Arbeiten, den Absolvent:innen und den Besucher:innen schaffen.“
Die Examensausstellung eröffnet am Mittwochabend, 10. Dezember 2025, und wird erstmals eine Woche lang gezeigt. Die Ausstellungsbesucher:innen können gespannt darauf sein, wie Lizzy Ellbrück und Johanna Schäfer die außergewöhnliche Anzahl an Künstler:innen und Designer:innen in einer Gruppenausstellung bündeln und die einzelnen Positionen dramaturgisch entfalten lassen.
Lizzy Ellbrück (*1990) ist Künstlerin und Kuratorin. Sie studierte interdisziplinäre Kunstwissenschaft (B.A.), Szenografie, kuratorische Praxis sowie Ausstellungs- und Kommunikationsdesign (Dipl. Szen) an der Technischen Universität, der Universität der Künste Berlin und an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. In Einzelpräsentationen und Gruppenausstellungen, sowohl national als auch international, stellte sie unter anderem im Badischen Kunstverein Karlsruhe, im Zentrum für Kunst und Medien (ZKM Pavillon) sowie im Kunstverein Bruchsal aus – gemeinsam mit Johanna Schäfer. 2024/25 war sie Stipendiatin des Landes Baden-Württemberg an der Cité Internationale des Arts in Paris. Seit 2022 arbeiten Johanna Schäfer und Lizzy Ellbrück gemeinsam als Künstlerinnen, Kuratorinnen und Gestalterinnen. In ihren Arbeiten experimentieren sie mit Formen textlicher, visueller und räumlicher Inszenierungen sowie deren narrativen und spekulativen Dimensionen.
(Text: Çiğdem Özdemir)
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