Läuft im Hörspielmuseum: Trickreiches aus der Kunsthochschule
Im Kasseler HÖR.SPIEL Museum bringen Studierende Figuren und Töne zusammen.
Wie klingt eine Parade aus kleinen Käfern, die durchs Gras marschiert? Und wie hört es sich an, wenn ein Reh durch einen Winterwald stapft? Diese Fragen können sich zur Zeit Besucherinnen und Besucher des HÖR.SPIEL Museums im Palais Bellevue an der Kasseler Schönen Aussicht stellen. Studierende der Kunsthochschule Kassel haben Stummfilme animiert, die im Museum live vertont werden können – und zwar von den Besuchenden selbst. Zur Handlung der Filme können sie Tasten drücken und damit Geräusche abrufen, die Studierende vorbereitet haben: Lachen, Stampfen, Knirschen im Schnee und viele andere.
Im Wintersemester haben neun Studierende des Studiengangs Visuelle Kommunikation die Stummfilme mit Seminarleiterin Petra Stipetić erstellt, im Rahmen der Animationsklasse unter der Leitung von Prof. Kathrin Albers und Prof. Martina Bramkamp. Das Projekt ist nicht nur besonders, weil es in Kooperation mit dem HÖR.SPIEL Museum entstanden ist, sondern auch, weil die Kasseler Studierenden mit Kommilitoninnen und Kommilitonen der finnischen Gestaltungshochschule in Lahti zusammenarbeiteten, die ebenfalls Filme (und außerdem Töne) beisteuerten. Drei Filme der Studierenden aus Kassel und etwa zehn Filme aus Finnland sind in der Dauerausstellung des HÖR.SPIEL Museums im Wechsel zu sehen.
Die Idee hatte Julia Blando, Geschäftsführerin und Kuratorin der Stiftung Brückner-Kühner, die das Museum im Palais Bellevue seit November 2023 betreibt. Sie hatte sich schon länger an einer der vier Mitmachstationen einen Kassel-Bezug gewünscht, und wie ginge das besser als mit Filmen von Kasseler Studierenden? Petra Stipetić war sofort begeistert: „Nachdem wir während der Corona-Pandemie nur wenige Aufträge erhalten haben, habe ich mich wirklich sehr über die Anfrage gefreut. Mir war sofort klar: Aus diesem Projekt können die Studierenden viel für ihre Zukunft mitnehmen.“
Denn: Die Studierenden mussten mit den realen Vorgaben des Museums zurechtkommen. So durften die Animationen nicht länger als eine Minute sein, mussten auch ohne Sprache funktionieren und wegen des jungen Zielpublikums familienfreundlich sein. Andererseits durften sich die Studierenden frei überlegen, wovon die Stummfilme handeln sollten – solange sie zu den Sound-Schnipseln des Museums und denen, die die Studierenden aus Finnland ergänzend produziert hatten, passten. Dennoch haben alle drei Filme eine ähnliche Storyline: In allen machen sich die Hauptfiguren auf den Weg zu einem Ziel und werden dabei überrascht. Im ersten Stummfilm wird eine Parade aus Käfern beinahe von einer Katze angegriffen, im zweiten stapft ein Reh durch einen Winterwald und trifft dabei überraschend auf einen Eisbären. Im dritten, stärker experimentellen Film wird eine Figur aus geometrischen Formen unerwartet von Tieren angegriffen und verformt sich deshalb immer weiter.
Doch was hat die Studierenden zu diesen Geschichten inspiriert? Kindheitserinnerungen an Animationen wie Biene Maja und Heidi, aber natürlich auch die Töne aus Finnland und dem Museum. „Wir haben überlegt, welche Gefühle die Sounds in uns auslösen, und dann versucht, uns vorzustellen, wie das aussehen könnte“, erklärt Stella Hood, die an der Produktion des experimentellen Films beteiligt war. „Gestalterisch hat uns der Künstler Wassily Kandinsky mit seinen farbenfrohen Kunstwerken inspiriert.“ Seit der Premiere am 7. Februar 2025 im Rahmen des jährlichen Animationsfilm-Festivals „Trickreich“ sind die Stummfilme im Palais Bellevue Teil der Dauerausstellung. „Spannend ist jetzt zu sehen, wie Besucherinnen und Besucher die Filme interpretieren“, so Petra Stipetić. „Dadurch erhalten die Studierenden direkt Feedback darüber, wie deutlich die eigene Bildsprache ist und ob die Filme auch ohne Sound verstanden werden.“
Dieser Beitrag erscheint im Universitäts-Magazin publik 2025/1. Text: Hannah Eichenberg
Die Animationsklasse der KhK