Visuelles Erscheinungsbild der documenta fifteen
ruangrupa ist Mitte der 1990er Jahre aus Freundschaften und Netzwerken von Studierenden an den Kunsthochschulen in Jakarta und Yogyakarta hervorgegangen. Im Jahr 2000, kurze Zeit nach dem New Order Regime – das die Meinungs- und Versammlungsfreiheit beschränkte – wurde ruangrupa eine offizielle Organisation.
ruangrupa hat seinen Raum und seine Ressourcen von Anfang an jungen Menschen zur Verfügung gestellt, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich zu treffen, auszutauschen, zu experimentieren und zusammenzuarbeiten, und um frische Ideen für die Gegenwartskunst im Kontext des urbanen Lebens in Jakarta zu entwickeln. Dieses Prinzip, junge Menschen als diejeningen zu sehen, die neue Perspektiven auf die Welt und zeitgenössische Sensibilitäten einbringen, hat ruangrupa in all ihren Aktivitäten begleitet und mündete unter anderem in die Gründung der Initiative Jakarta 32℃ (2004–fortdauernd), die als Studierendenforum und zweimal jährlich stattfindendes Kunstereignis agiert.
Vor diesem Hintergrund hat ruangrupa Studierende aus Kassel und Jakarta eingeladen, sich an der Entwicklung des visuellen Erscheinungsbildes für die documenta fifteen zu beteiligen. Von mehr als zwanzig Einreichungen von Einzelpersonen und Gruppen hat die Jury – die sich aus Mitgliedern von ruangrupa, des Artistic Teams und der documenta und Museum Fridericianum gGmbH zusammensetzte – zwei Gewinnerentwürfe ausgewählt, einen aus Jakarta und einen aus Kassel. Die beiden Teams haben völlig unterschiedliche Konzepte eingereicht, wobei sie ermutigt wurden, jeweils ihren eigenen Ansatz zu verfolgen: Das grundlegende Erscheinungsbild der documenta fifteen wird das Team 4oo2 aus Jakarta ausarbeiten, während dem Kasseler Team kmmn_practice die Gelegenheit gegeben wird, sein Konzept einer Open-Access-Plattform umzusetzen. Das Konzept zielt auf eine öffentliche Partizipation im Hinblick auf Aspekte des visuellen Erscheinungsbildes der documenta fifteen.
kmmn_practice, Kassel
KMMN wurde als temporäres, offenes Ausstellungs- und Veranstaltungsformat entworfen, welches im Sommer 2017 parallel zur documenta 14 stattfand.
Der Name spielt mit der Lautsprache und möglichen Bedeutungsebenen. So klingt „KMMN“ ausgesprochen sowohl wie das englische Wort „common“ (gemeinsam) als auch wie das deutsche Wort „Kommen“. In kollektiver, studentischer Selbstorganisation wurde das Projekt in den darauffolgenden Jahren fortgeführt. Aus diesem Kontext heraus entwickelte sich im Januar 2020 kmmn_practice, um als offene Gruppe an dem Studierenden-Design-Wettbewerb der documenta fifteen teilzunehmen.
Außerhalb von gewohnten Arbeitsweisen und institutionellen Strukturen wird mit Formen kollektiver Zusammenarbeit experimentiert und das Konzept einer gemeinschaftlichen, offenen, prozessorientierten Plattform verfolgt. Das eingereichte Konzept basiert auf der Entwicklung einer partizipativen Plattform, aus der sich in kollektiven gestalterischen Arbeitsprozessen die visuelle Identität entwickelt. Im Fokus des Konzepts stand dabei die aktive Einbeziehung der Öffentlichkeit in den Design-Dialog. So wurden bei der öffentlichen Ausgestaltung des Konzepts Methoden entwickelt und angewendet, mit denen sich Interessierte in den Prozess einbrachten, indem sie z.B. ein „d“ wie documenta oder eine Farbe in einem eigens programmierten Farb-Generator kreierten. An der Umsetzung des Konzepts waren Can Wagener, Charlotte Bouchon, Chiny Udeani, Johannes Choe, Malika Teßmann, Saskia Kaffenberger und Sebastian Hohmann beteiligt. Momentan arbeitet die Gruppe daran herauszufinden, was kmmn_practice sein kann und will.
Quelle: News vom 18.06.2020:
www.documenta.de/de/documenta-fifteen/#news