Ausstellungsgestaltung und Grafikdesign: Abetare Prenici mit Rebecca Stephany

09.07.2025 – 18.09.2025

Gewahrsam: Festnehmen, Verhaften, Strafen

Im Sinne staatlicher juristischer Systeme wird Strafe als rechtlich geregelte Sanktion verstanden, die gegen Personen verhängt wird, um eine schuldhafte Verletzung von Rechtsnormen zu ahnden. Strafe setzt dabei die individuelle Verantwortung für eine konkret begangene, gesetzlich definierte Straftat voraus – sie ist an das Schuldprinzip gebunden. Dieses Prinzip wurde im Nationalsozialismus systematisch außer Kraft gesetzt. Der nationalsozialistische Staat missbrauchte die Form staatlicher Machtausübung, um Menschen unabhängig von individueller Schuld zu verfolgen. Wer nicht in das totalitäre und rassistische Weltbild des Regimes passte – etwa Jüd*in, politische Gegner*in, Sinti*zze und Rom*nja, als ‚asozial‘ oder ‚arbeitsunfähig‘ stigmatisierte Menschen, – wurde entrechtet, verschleppt, eingesperrt oder ermordet. Es bedurfte keiner Tat im rechtlichen Sinn; die bloße Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe konnte zur ‚Verfehlung‘ erklärt werden. 

Die nationalsozialistische Gewalt war staatlich organisiert, ideologisch begründet und zielte auf die vollständige Ausgrenzung und Vernichtung. Sie stellte eine radikale Abkehr vom rechtsstaatlichen Verständnis von Strafe dar – eine Abkehr, die die Unantastbarkeit der Menschenwürde und das Prinzip der Gerechtigkeit fundamental verletzte. Diese historischen Abgründe dürfen nicht relativiert, beschönigt oder vergessen werden. 

Das polizeiliche Instrumentarium des Gewahrsams fand im Kasseler Polizeipräsidium seit seiner Errichtung im Jahre 1907 unter verschiedenen Regierungen und Rechtssystemen statt: Kaiserreich, Weimarer Republik, NS-Diktatur und Bundesrepublik. Die Ausstellung möchte die Verbrechen der NS-Zeit in die historischen und rechtlichen Zusammenhänge und Verhältnisse in dieser baulich-räumlichen Kontinuität stellen. Neben den unterschiedlichen Haftformen und Gefängnistypologien in Kassel und Umgebung werden die historisch-rechtlichen Hintergründe von Gewahrsam und Haft dargestellt. Dadurch wird die zentrale Bedeutung des Polizeipräsidiums für die nationalsozialistische Herrschaft in Kassel unmissverständlich klar. 

Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. 

Die Ausstellung ist ein kooperatives Projekt zwischen Dr. Dr. Arne Winkelmann, Prof. Rebecca Stephany und Abetare Prenici (Klasse Grafikdesign, Visuelle Kommunikation, Kunsthochschule Kassel), Susanne Hesse-Badibanga und Conny Weckmann (FG Architekturtheorie und Entwerfen, Universität Kassel) und der Initiative Gedenkort Polizeipräsidium Königstor. 

Inhalte Infotafeln: 
Dr. Dr. Arne Winkelmann (freier Kurator) 

Inhalte Listen und Zitate: 
Abetare Prenici, Rebecca Stephany, Conny Weckmann 

Ausstellungsgestaltung und Grafikdesign: 
Abetare Prenici mit Rebecca Stephany 


9. Juli bis 18. September 2025 

Eröffnung: 9. Juli, 17:30 Uhr

ORBIT
Königstor 33
34117 Kassel




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