Solidarität mit den Protesten im Iran

Studierende der Kunsthochschule Kassel setzen Zeichen gegen Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen* im Iran.

Seit Monaten finden im Iran Proteste statt, die vom Gedanken an eine feministische Revolution getragen werden. „Women*. Life. Freedom.“ wurde vor allem seit dem Tod der 22-jährigen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini, die am 16. September 2022 in Polizeigewahrsam starb, zum Slogan der iranischen Protestbewegung gegen das Regime. Von minderjährigen Schüler:innen bis hin zu Rentner:innen und anderen Statusgruppen aus allen Bevölkerungsschichten riskieren die Menschen im Land ihr Leben, da die Sicherheitskräfte brutal gegen die Protestierenden vorgehen, die für Demokratie und Menschenrechte einstehen. „Was im Iran geschieht, ist feministische Weltgeschichte“, betont Gilda Sahebi (vgl. www.boell.de).

Die Studierenden der Kunsthochschule Kassel solidarisieren sich mit den Protestierenden im Iran. Im letzten Wintersemester 2022/23 entstand im Rahmen der Gastprofessur von Reza Afisina und Iswanto Hartono (Mitglieder des Künstler:innenkollektivs ruangrupa) die Idee zum Solidaritätskalenderprojekt „Women*. Life. Freedom“. Initiiert wurde das Projekt von Sanne Bickel und Tanja von Gilsa, die von 13 Studierenden der Studiengänge Bildende Kunst, Kunstwissenschaften und Visuelle Kommunikation unterstützt werden. „Mit dem Projekt möchte ich ein Zeichen gegen Gewalt und Diskriminierung aufgrund von Geschlecht und Weiblichkeit setzen. Menschenrechte, Gleichberechtigung und Demokratie sind nicht selbstverständlich und müssen immer wieder neu erkämpft werden. Es braucht mutige Personen, die dafür eintreten“, erklärt Bickel. Sie ergänzt, dass die ehemaligen künstlerischen Leiter der documenta 15 (2022) Reza Afisina und Iswanto Hartono das Solidaritätsprojekt von Beginn an sofort unterstützten: „Sie wollen unsere Ausschreibung an ihr documenta-Netzwerk weiterleiten und uns helfen den Druck des Kalenders zu realisieren“. 

Die Projektbeteiligten bringen einen Kalender heraus, der jeden Monat ein Kunstwerk zum Motto der iranischen Frauenrechtsbewegung „Women*. Life. Freedom.“ abbildet. Dazu starteten sie einen Open Call, bei dem bis Ende April 2023 künstlerische Beiträge unter der Kontaktmailadresse ruru.livingroom[at]gmail.com eingereicht werden können. „Wir hoffen, dass Bilder und Fotos in verschiedenen Ästhetiken sowie digitale Beiträge wie Filme und Musik eingereicht werden. Letztere sollen via Link abrufbar sein“, so Bickel. Bislang haben unter anderem Regula Rickert und Dan Perjovschi Beiträge eingereicht. „Wir haben Pastellmalerei im Agitprop-Stil, Skizzen, Fotografien von einer Demonstration und ein Musikstück. Eine beeindruckende Vielfalt“, freut sich Bickel.

Nach dem Open Call werden die eingereichten Arbeiten kuratiert. Die inhaltliche Ausgestaltung orientiert sich an den eingereichten Beiträgen, die zunächst sondiert und dann den einzelnen Monaten zugeordnet werden. Dazu Bickel: „Wir wollten die Ausrichtung nicht durch Vorgaben verengen, sondern kreativ kuratorisch mit dem umgehen, was wir an Beiträgen erhalten.“ Im nächsten Schritt werden die Kunstwissenschaftler:innen Texte zu den Künstler:innen und ihren Arbeiten verfassen, die auf der jeweiligen Rückseite des Kalenderblattes nachzulesen sind. Die Projektzusammenarbeit führte jetzt schon dazu, dass Studierende der unterschiedlichen Studiengänge sich vernetzen und gleichzeitig auch einen inhaltlichen Einblick in die verschiedenen Arbeitsbereiche erhalten.

Der Kalender soll nachhaltig auf ökologischem Papier gedruckt werden. Die Projektbeteiligten planen, den Kalender beim diesjährigen Rundgang der Kunsthochschule Kassel (13. bis 16. Juli) zu verkaufen. Der Erlös soll an eine Organisation wie Feminista.Berlin gespendet werden, um Frauen* im Iran zu unterstützen. „Wir sind offen für Kooperationen – beispielsweise mit Kunsteinrichtungen oder Buchhandlungen – und freuen uns über jede Unterstützung, die die Bewegung „Women*. Life. Freedom.“ vorantreiben will“, betont Bickel.

Interessierte können sich via E-Mail-Kontaktadresse ruru.livingroom[at]gmail.com bei den Projektbeteiligten melden.

(Text: Çiğdem Özdemir)