Die Kunsthochschule Kassel trauert um Ralf Busz
Ralf Busz (1939 – 2020) hat Spuren hinterlassen …
Forschung und Lehre …
Material und Glasur … was bleibt…
Ralf Busz, im Januar 1939 in Krefeld geboren, schrieb sich 1960–1961 zunächst zum Studium der Naturwissenschaften (Geologie) an der Universität in Bonn ein. Auf der Suche nach Kreativität und vielfältigeren Sujets wechselte er 1961–1963 an die Werkkunstschule Krefeld in die Abteilung Keramik. Die dortigen Dozenten K.H. Modigell und G. Schwarze eröffneten Busz neue Horizonte, die schlüssig ergänzt wurden durch die Fortsetzung des Studiums von 1963–1966 an der Hochschule für Bildende Künste in Kassel. Die Abteilung Gefäßkeramik im Fachbereich Freie Kunst war mit Walter Popp als Dozenten besetzt, einer herausragenden, intellektuell wie künstlerisch inspirierenden Persönlichkeit. Busz absolvierte seine Abschlussprüfung 1965 und übernahm anschließend einen Lehrauftrag am Pädagogischen Fachinstitut Kassel zum Aufbau der dortigen Keramikabteilung. 1966–1970 folgte er mit seiner Frau, Ursula Gerke-Busz, dem Ruf als Dozent an die Hochschule für Angewandte Künste in Istanbul, Abt. Gefäß- und Glasurkeramik.
Zurück in Deutschland nach 4 Jahren Türkei ermöglichte Dr. Cremer und die zum Cremer-Konzern gehörende Deutsche Steinzeug- und Kunststoffwarenfabrik in Mannheim Friedrichsfeld, den beiden als Freischaffende tätig zur sein. Busz blieb bis 1979 in diesem großzügigen Atelier bis zur Berufung nach Kassel. Hier in den mehr als 200qm großen, hohen Räumen entstanden großformatige Wandreliefs, große, montierte Vasen und Schalen, - hier forschte er an Glasuren: von der Systematik der Erdalkali-Glasuren über Craquellées bis zu den systematischen Versuchen zu den Kristallglasuren, die ihm endgültig den Ruf eines “Glasur-Papstes” einbrachten.
Nach dem Tod Walter Popps wechselte Ralf Busz 1979–2004 als Professor an die Kunsthochschule in Kassel. Er startete dort – mit Hilfe vieler helfender Hände – nach der Fertigstellung einer systematischen Glasurbibliothek mit Hunderten von Materialproben für unterschiedliche Temperaturen, Anwendungen und Farbnuancen – die hochinteressante Forschung zu NIL BLAU, der Quarzkeramik und den Lüsterglasuren des Vorderen Orients.
Große Symposien und Ausstellungen im In- und Ausland folgten. Jochen Brandt, der diese Forschung begonnen hatte und später selbst eine Professur am IKKG, Hochschule Koblenz übernahm, sowie Guido Sengle waren wichtige Partner in diesem Forschungsbereich. Viele konnten und wollten von Busz lernen, - die HBK Kassel war mit der Kunst/Keramikabteilung DIE akademische Hochschule Westdeutschlands, aus der sich die damalige Generation an Künstlern und Künstlerinnen generierte: Yong Jae Lee, Bernd Pfannkuche, Dr. Eid Abdel Latif, Guido Sengle, Hildegard Eggemann, Katrin Apel, Bernd Allroggen, Anne Türn, Ulrike Seilacher, Rita de Nigris, Martin Kröger, Peter Klube, - und viele viele mehr. Ich selbst konnte früh mit Ralf Busz in Mannheim Friedrichsfeld arbeiten, habe wie so viele von uns so viel gelernt an keramisch Nützlichem, - vor allem zu fragen, Keramisches zu hinterfragen.
Ralf Busz war Gründungsmitglied von Material+Form (Vorsitzender 1985–1992) und gefragter Juror vieler Wettbewerbe. Seine Keramiken sind in renommierten öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten. Nach der Emeritierung lebte er in Lichtenstein (Sachsen) – mit Werkstatt, mit zig. Brennöfen, deren elektronische Steuerungen sein Steckenpferd blieben, – weiter forschend, analysierend, notierend, sammelnd von Kelim bis Rohstoff, von Scherben bis Comiczeichnung – bis zu seinem Tod am 26.5.2020. Es war die Materie und deren Gesetzmäßigkeit, es war die Hand des Töpfers und dessen Kompetenz in der Anwendung, es war die Vielfalt und das Faszinosum des Details im Großen, was ihn unablässig antrieb. Wir werden Ralf Busz vermissen – als Fachmann, als Freund und Lehrer, als Meilenstein der Deutschen Keramik.
Nachruf von Monika Gass, Juni 2020