Thomas Bernhard als Comic

Lukas Kummer illustriert unter dem Titel "Die Ursache" Thomas Bernhards Autobiographie. Ihm gelingt es, Bernhards Erinnerungen an die Schrecken von Internat, Krieg und Nationalsozialismus präzise, realistisch und ausdrucksstark sichtbar zu machen. Kummer geht sehr respektvoll mit dem Autor um. Er nimmt sich als Zeichner zurück, um dem Text den Vortritt zu lassen, was ihm auch sehr gut gelingt. Wir haben Lukas Kummer gefragt, wie es zu der Kooperation kam und vor welchen Herausforderungen er stand.

Kunsthochschule Kassel: Wie kam es zu der Kooperation und wie lange hast Du an den Illustrationen gearbeitet?

Lukas Kummer: Ich war damals mit meiner ersten Graphic Novel, „Die Verwerfung“ auf Verlagssuche. Ich habe dafür einige Absagen bekommen, jedoch eine Absage mit dem Tipp, dass der Residenz Verlag einen Zeichner für die Comicadaption der autobiographischen Texte von Thomas Bernhard sucht. Ich habe mich dort gemeldet und daraufhin kam es zur Zusammenarbeit. Das Projekt dauerte ein Jahr.

Kunsthochschule Kassel: Wie hast Du Dich an die Person Thomas Bernhard herangetastet?

Lukas Kummer: Ich habe seitdem ich 15 bin immer wieder Thomas Bernhard gelesen und auch sämtliche Fernsehbeiträge und Videoaufzeichnung mit und über ihn konsumiert. Ich konnte seine Sicht auf die Welt im Vorfeld ganz gut nachvollziehen.

Kunsthochschule Kassel: Was war Dir wichtig bzw. wie sollte Thomas Bernhard als Person wahrgenommen werden?

Lukas Kummer: Bernhard ist für seine Polemik bekannt und galt als sehr schwieriger Mensch, mit dem auch der persönliche Umgang nicht leicht war. In „Die Ursache“ erzählt er aber sehr offen und ehrlich über seine schreckliche Jugendzeit im nationalsozialistischen Internat in Salzburg, also die Ursprünge für seinen schwierigen Charakter. Mir war es wichtig, diesen Aspekt in meiner Graphic Novel nochmals zu betonen und Mitgefühl zu schaffen.

Kunsthochschule Kassel: Die Autobiographie, die im Original ohne Absatz in einem Block geschrieben ist, eignet sich kaum für einen Comic. Was waren für Dich als Illustrator die größten Herausforderungen?

Lukas Kummer: Allein schon sich an einen Autor dieser Größenordnung heranzuwagen war eine Herausforderung. Thomas Bernhard ist in Österreich einer der wichtigsten Autoren des 20. Jahrhunderts. Hierfür bei der Adaption eine Form zu finden, die weder peinlich, noch aufdringlich oder anmaßend wirkt, war sehr schwierig.

Lukas Kummer (geb. 1988) studierte an der Kunsthochschule Kassel Visuelle Kommunikation mit dem Schwerpunkt Illustration und Comic bei Prof. Hendrik Dorgathen. 2014 machte er sein Studienabschluss als Meisterschüler. Seine Abschlussarbeit war die Graphic Novel „Die Verwerfung“. Lukas Kummer arbeitet als selbstständiger Illustrator und Comiczeichner. Seine Arbeiten wurden in diversen Fanzines und Anthologien veröffentlicht, unter anderem in Ausgaben des Triebwerk, Tisch 14 und Batterie. Seine erste Graphic Novel „Die Verwerfung“ erschien 2015, seine zweite „Die Gotteskrieger“ 2017. Zurzeit arbeitet der Illustrator an einer Graphic Novel namens „Prinz Gigahertz“, einer Science Fiction – Fantasy Story. „Es wird eine respektvolle Genrepersiflage, die sich mit dem Thema Realitätsflucht auseinandersetzt und der Frage nachgeht, warum sich Menschen in künstlichen Welten zurückziehen, während uns die Realität gerade um die Ohren fliegt“, so Kummer.

Eine Leseprobe von „Die Ursache“ mit Illustrationen von Lukas Kummer gibt es auf den Seiten des Residenz Verlag.

Weitere Informationen zum Illustrator:
kummersblog.blogspot.com

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